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Artikel von: Judith Hauße
17.06.2024

Wer ist denn jetzt der Demokrat?

Europa hat gewählt. Symbolbild: pixabay.com

Kommentar von Judith Hauße

Die Ampelregierung erlebt gerade ihr blaues Wunder. Doch wenn wir einmal ehrlich sind, verwunderlich ist das schon lange nicht mehr. Umgangssprachlich gilt ein Wunder als ein Ereignis, dessen Zustandekommen nicht erklärt werden kann. 

Judith Hauße, stellv. Chefredakteurin regionalspiegel

Das Ergebnis der Europawahl am vergangenen Sonntag ist durchaus zu erklären. Die Menschen im Osten haben die politischen Scheuklappen der Bundesregierung satt! Auf die Frage eines Journalisten direkt nach Präsentation der Wahlergebnisse hin, ob sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dazu äußern wolle, antwortet dieser mit einem knappen „Nö“. Erst 24 Stunden danach kommt eine wortreichere, aber gewohntheitsgemäß wenig gehaltvolle Reaktion seinerseits.  „Das Wahlergebnis war für alle drei Regierungsparteien schlecht.“ Keiner sei gut beraten, zur Tagesordnung zurückzugehen, so der Kanzler. Die bittere Wahrheit dieser Worte ist aber, es wird sich nichts ändern – die Landtagswahlen im Osten werden die nächste Polit-Klatsche bringen. Nur dass die Ampelpolitiker dieses Mal eben nicht mit einem blauen Auge davon kommen werden. Vielmehr bekommen sie eines nach dem anderen verpasst – und dass von keinen Geringeren als von denen, die am eigentlich demokratisch längeren Hebel sitzen, nämlich den Wählern. 

Bundesregierung im Osten – Eine politische Scheuklappe?

Gerade im Osten haben die Menschen ein Gespür dafür, wenn an ihren demokratischen Werten gekratzt wird. Erfahrungen, in einem totalitären Staat zu leben, in dem Meinungsfreiheit unterdrückt wird, bekräftigt viele mit Blick auf das aktuelle Umgehen ihrer Ansichten – nämlich, dass Menschen, die legitim Kritik üben, gesellschaftlich ausgegrenzt werden, nur noch mehr darin, ihre errungene Demokratie zu verteidigen statt willkürlich aus Protest zu agieren. 

Die Mehrheit in Ostdeutschland hat die AfD gewählt. Jene Partei, der immer wieder vorgeworfen wird, sie wolle die Demokratie abschaffen. Fürwahr, innerhalb der Parteianhänger gibt einzelnes rechtsextremisches Gedankengut, das sollte nicht toleriert werden. Doch die andere Wahrheit ist auch, dass die Mehrheit der Menschen, die diese Partei gewählt hat, die Demokratie gar nicht abschaffen will, so wie es ihnen von Medien und Politik in den Mund gelegt wird. Nein. Sie sind unzufrieden mit der politischen Umsetzung an der Demokratie, die in diesem Land derzeit praktiziert wird. 

Demokrat und Nicht-Demokrat

Das vorsorgliche Abschirmen unserer Bundes- und Landespolitiker, das eine Zusammenarbeit mit der AfD von vornherein  ausschließt, denn die AfD sei rechtsextrem und wir sind die wahren Demokraten, wirft letztlich beim Wähler nur eine Frage auf: Wer ist denn jetzt nun der Demokrat? Wer ist denn jetzt derjenige,  der die freie und geheime Wahl nicht akzeptieren und über Demokrat und Nicht-Demokrat entscheiden will? Denn solange das Verfassungsgericht die AfD nicht als „rechtsextrem“ verbietet, bleibt es eine freie und demokratisch gewählte Partei. Das Abstempeln als „Nazi-Partei“ und Ablehnen einer politischen  Diskussion über Lösungen und Probleme eines Landes mit ebendieser Partei ist Verachtung gegenüber der Stimme des Volkes.